Dienstag, 2. Januar 2018

Extensionen und Alterierungen

Liebe Leser,
im Folgenden der versprochene Beitrag von M. Eisenmeyer. Leider ist die Blog-Software von Google bei der Schachtelung nummerierter Listen eine echte Flasche... verzeiht also die holprige Formatierung, die definitiv nicht Schuld des Autors ist. Ich werde da nochmal in den nächsten Tagen dran arbeiten. Nun aber der Beitrag:

Extensionen und Alterierungen – eine Begriffsklärung

Gastbeitrag von Martin Eisenmeyer

Grundsätzlich:


  1. Wir befinden uns im Dur/Mollsystem – d.h. alle Stufenbezeichnungen beziehen sich auf die Durskala
  2. Akkorde werden durch Terzschichtung gebildet
  3. Alle Vierklänge bestehen aus den Stufen 1 3 5 7 - den ersten drei Terzschritten innerhalb der Durskala
  4. Die Akkordnotation folgt folgenden Konventionen:
    - 1 wird als Grundton zur grundsätzlichen Bezeichnung des Akkords verwendet
    - 3 bezeichnet das Akkordgeschlecht. Durakkorde werden nicht explizit gekennzeichnet, Mollakorde mit der Bezeichnung min oder - versehen
    - 5 wird nur für halbverminderte Akkorde gekennzeichnet (b5 oder ø)
    - Die kleine Septime wird mit 7 bezeichnet, die große mit maj7 oder ∆
  5. Stufenakkorde mit einer grossen Terz werden mit großen römischen Ziffern bezeichnet (I, IV, V), Stufenakkorde mit einer kleinen Terz mit kleinen römischen Ziffern (ii, iii, vi, vii)

Extensionen/Extensions:

  1. Extensions sind leitereigene Töne, die dem Akkord durch weitere Terzschritte hinzugefügt werden. Die Terzschritte erfolgen gemäss der etablierten Konvention stets innerhalb der ionischen Skala (für Durakkorde), der mixolydischen Skala (für dom 7 Akkorde oder der dorischen Skala (für moll und halbverminderte Akkorde)
  2. Sie werden üblicherweise als Stufen innerhalb der folgenden Oktave bezeichnet um das Fortschreiten in Terzschritten über die Stufe 7 hinaus anzuzeigen (und werden deshalb auch als “upper structures” bezeichnet).
  3. Daraus folgt, dass die Stufen 9, 11 und 13 als Extensions bezeichnet werden und dabei stets eine große Sekunde, bzw. reine Quarte, bzw. große Sexte indizieren.

Alterierungen/Alterations von Dom 7 Akkorden:

  1. Alterierungen entstehen, wenn man einen gegebenen Akkord einer anderen Skala als der zugrundeliegenden Durskala zuordnet und die Töne dieser alternativen Skala dem Akkord zufügt. 
  2. Die bei weitem am meisten verwendete Variante dieses Vorgehens betrifft Dominantakkorde, d.h. den V Akkord der Durskala. 
  3. Beim üblicherweise “alteriert” genannten Akkord wird dieser nicht als V. Stufe der Durtonleiter, sondern als VII. Stufe der melodisch -Molltonleiter (MM) gesehen 
  4. Anmerkung für Nerds: Der eigentlich durch Terzschichtung gebildete Akkord auf der VII. Stufe von MM ist keine Dominantseptakkord, sondern ein halbverminderter Akkord (m7b5). Ersetzt man hier jedoch die kleine Terz durch die leitereigene verminderte Quarte (=große Terz), entsteht ein Dominantakkord (den man auch als susb4 bezeichnen könnte, was aber niemand tut) 
  5. Durch den neuen Skalenbezug stehen nun folgende Intervalle zur Konstruktion des Akkordes zur Verfügung: kleine Sekunde, kleine Terz (oder übermäßige Sekunde), große Terz (oder verminderte Quarte), übermäßige Quarte (oder verminderte Quinte), übermäßige Quinte/kleine Sexte, kleine Septime 
  6. Für die Notation alterierter Akkorde gelten folgende Konventionen: Für Grundton, große Terz und Septime gelten die gleichen Regeln wie für nicht-alterierte Akkorde (s.o. ”Grundsätzlich” Nr. 4)
  7. Alle anderen Erweiterungen (“Alterierungen”) werden mit ihrer Abweichung von den Extensions der Durtonleiter bezeichnet. Sie sind im Kontext der diatonischen Skala abweichende (“falsche”) Noten, die beim Hörer ein Gefühl der Anspannung erzeugen. Sie werden daher im Englischen üblicherweise als “alterations” oder “tensions” bezeichnet: - kleine Sekunde: b9 - übermäßige Sekunde/kleine Terz: #9
    - übermäßige Quarte (oder verminderte Quinte): #11
    - übermäßige Quinte oder kleine Sexte: #5 oder b13
  8. Weitere gebräuchliche alternative Erzeugerskalen für alterierte Dominantseptakorde:
    - MM mit dem dom7 Akkord auf der IV. Stufe: hier entsteht als einzige Alterierung die #11
    - MM mit dem dom7 Akkord auf der V. Stufe: hier entsteht als einzige Alterierung die b13 (seltener verwendet)
    - Halbton/Ganzton (diminished) Skala: hier entstehen die Alterierungen b9, #9, #11. Die 13 bleibt als große Sexte eine Extension
    - Ganztonskala: hier entsteht als einzige Alterierung die #5 (eigentlich #12, wird aber als Bezeichnung nicht verwendet) 

Erweiterung von anderen Akkorden des Dur/Moll Systems durch Skalentöne (upper structures)/Notation von Akkorden außerhalb des Dur/Moll Systems:


  1. Das oben für dom7 Akkorde angeführte Verfahren der Alterierung durch In-Bezug-Setzen zu einer alternativen Skala ist grundsätzlich auch für alle anderen Akkorde möglich. 
  2. In der Praxis wird hier jedoch i.d.R. nicht von Alterierungen gesprochen, da die grundlegende Skala des Akkords i.d.R. entweder ein weiterer Modus der Durskala (phrygisch, lydisch, äolisch, lokrisch) oder nicht-diatonisch ist (v.a. im zeitgenössischen Jazz). Der kurzzeitige Wechsel der Bezugsskala weg von der Durskala ist in der Praxis eigentlich nur bei Dom-7 Akkorden anzutreffen. 
  3. In der Akkordnotation werden jedoch Stufenakkorde aus alternativen Modi/Skalen (und deren upper structures) mit Bezug zur Akkorden aus der ionischen oder dorischen Skala (als deren Alterierung) bezeichnet. So wird z.B der Dur-Akkord aus der III. Stufe von MM i.d.R. als ∆7#5 notiert, obwohl die MM Skala hier gar keine reine Quinte ermöglicht. 
  4. Es folgt eine Übersicht der Stufenakkorde aus den gebräuchlichsten Skalen und deren upper structures in der oben beschriebenen Notation d.h. ggf. als Abweichung vom entsprechenden Akkord aus der ionischen, mixolydischen oder dorischen Skala mit großer Sekunde, reiner Quarte und großer Sexte als upper structure

Durskala:


  • maj∆ - 9, 11, 13
  • min7 - 9, 11, 13
  • min7 - b9, 11, b13
  • maj∆ - 9, #11, 13
  • dom7 - 9, 11, 13
  • min7 - 9, 11, b13
  • min7b5 - b9, 11, b13 

Melodisch Moll:


  • min∆ - 9,11,13 
  • min7 - b9, 11, 13 
  • maj∆#5 - 9, #11, 13 
  • dom7 - 9, #11, 13 
  • dom7 - 9, 11, b13 
  • min7b5 - 9, 11, b13 
  • min7b5 - b9, b11, b13 

Harmonisch Moll:


  • min∆ - 9,11, b13 
  • min7b5 - b9, 11, b13 
  • maj∆#5 - 9, 11, 13 
  • min7 - 9, #11, 13 
  • dom7 - b9, 11, b13 
  • maj∆ - #9, 11, 13 
  • dim - b9, 11, 13 (=bb7) 

Harmonisch Dur:


  • maj∆ - 9, 11, b13 
  • min7b5 - 9, 11, 13 
  • min7 - b9, b11, b13 
  • min∆ - 9, #11, 13 
  • dom7 - b9, 11, 13 
  • maj∆#5 - #9, #11, 13 
  • dim - b9, 11, b13 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen